Haben Sie schon einmal von der Earth Night gehört? In der Freitagnacht im September, die der Neumondnacht am nächsten liegt, wird im Idealfall ab spätestens 22 Uhr jedes künstliche Außenlicht abgeschaltet. Somit soll eine ganze Nacht der natürliche und dunkle Zustand der Erde erlebt werden, der den meisten Lebewesen ansonsten fehlt. Tiere und Menschen können so erholsamer schlafen oder den Sternenhimmel beobachten, der sonst eine echte Rarität geworden ist. Die Initiative wurde 2020 von der Organisation Paten der Nacht ins Leben gerufen und soll auf die zunehmende Verschmutzung durch künstliches Licht, inklusive der weitreichenden Auswirkungen, hinweisen. Wir haben mit Manuel Philipp, dem Gründer von Paten der Nacht, gesprochen, um mehr über seine Beweggründe, die Arbeit und die Ziele der Organisation zu erfahren.
Über Manuel Philipp
Manuel Philipp hat Physik studiert und führt seit 15 Jahren eine Werbeagentur. Seine Hingabe für das Thema Lichtverschmutzung resultierte aus seiner Leidenschaft für das Weltall und die Sterne. Seit mittlerweile neun Jahren lässt er Menschen durch Sternführungen und Astronomie-Vorträge an seiner Begeisterung teilhaben. Durch seine Liebe für dieses Gebiet kam irgendwann das Bewusstsein für die Verschmutzung des Nachthimmels durch künstliches Licht.
Wie alles begann
Angefangen hat alles, als der Sternenpark, in dem Herr Philipp Führungen gibt, nach viel Zeit und Arbeit im Jahr 2018 eine Zertifizierung der IDA bekommen hat. Diese schreibt vor, dass bei Führungen auch das Thema Lichtverschmutzung angesprochen werden muss. „Anfangs habe ich das in zehn Minuten kurz angesprochen, aber gemerkt, dass die Leute nach zwei Stunden Astronomie meist vergessen, worum es ging. Deshalb wollte ich ihnen etwas Handfestes mitgeben, wie einen Flyer.“ Gesagt, getan. Somit entstand der Flyer „Nach Sonnenuntergang“, der bis heute verwendet wird.
Im September 2019 ging dann eine zusätzliche Internetseite mit vielen weiteren Informationen an den Start. Diese brauchte natürlich einen Namen.
Bei einem Besuch in einem Tierpark entdeckte Herr Philipp ein Terrarium mit einer Vogelspinne, vor der er eine gewisse Abneigung verspürte, die ihn aber gleichzeitig faszinierte. Ein Schild daneben zeigte, dass für eben diese Spinne eine Patenschaft übernommen wurde. Die Idee hinter „Paten der Nacht” entstand, als er darüber nachdachte, dass jemand eine Patenschaft für etwas übernimmt, das vielen Angst oder Unbehagen bereitet. Das erinnerte Herrn Philipp an die Dunkelheit, vor der viele Menschen Angst haben. Die Frage „Wer hilft eigentlich der Nacht, die sich selbst nicht wehren kann?“ führte schließlich zum Namen „Paten der Nacht“.
Vor etwa zwei Jahren erhielt Paten der Nacht die Gemeinnützigkeit und wächst seither kontinuierlich weiter.
Initiative „22 Uhr Licht aus“
Neben der Earth Night wurde 2022 die zweite Initiative von Paten der Nacht ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um ein freiwilliges Projekt für Firmen, die entscheiden können, spätestens um 22 Uhr ihre Werbebeleuchtung abzuschalten. Sozusagen eine ganzjährige Earth Night auf Unternehmensebene.
„Interessant ist schon, dass gerade Bio-Ketten wie Denns, Alnatura und dm bis heute nicht dabei sind, obwohl ich alle versucht habe zu gewinnen. Auch diverse Bio-Brauereien. Also ausgerechnet die, bei denen man meinen müsste, die sind für das Thema sensibilisiert, haben meist die ganze Nacht ihr Logo an.“
Die meisten Unternehmen, die bereits ihr Licht abschalten oder reduzieren, nennen nicht den Grund, dass die Auswirkungen der Lichtverschmutzung vermieden werden sollen, sondern argumentieren über das Thema Energie und CO₂. Im Gespräch mit Paten der Nacht bekommen diese Unternehmen dann viele zusätzliche Argumente, wie Insektensterben, schlechter Schlaf und den Verlust des Sternenhimmels, an die Hand, die sie vorher gar nicht hatten. Und damit haben sie statt zwei plötzlich sechs bis sieben Gründe, ihr Werbelicht über Nacht abzuschalten.
„Die Idee hinter 22 Uhr ist natürlich, dass die Menschen insgesamt so sensibilisiert werden, dass irgendwann die Firmen am Pranger stehen, die die ganze Nacht ihre Werbebeleuchtung anhaben und, dass die bevorzugt werden, die öffentlich und direkt damit werben, dass sie sich bewusst zur Abschaltung entschieden haben.“
„Grundlegend verantwortlich für diese Initiative ist meine Freundin, da sie mir bei einer sehr wichtigen Sache die Augen geöffnet hat. Sie meinte: „Egal wohin wir fahren, weiß ich genau, jetzt regst du dich gleich wieder über die ganze Werbebeleuchtung auf. Aber dazwischen sind welche, die haben kein Werbelicht an und die siehst du gar nicht.” Und genau darum geht es ja eigentlich. Wir möchten diejenigen belohnen, die sich kümmern und so ist auch diese Initiative entstanden.“
Initiative „Kein Licht im Garten“
Im Mai 2024 ging dann die dritte Initiative an den Start, die sich an Privatpersonen richtet. Mit einem Schild in Glühbirnenform und dem Spruch „Zum Schutz der vielen Arten brennt nachts kein Licht in diesem Garten”, können Privatpersonen zur Aufklärung über Lichtverschmutzung beitragen.
Die Schilder können gegen eine Spende von 25 Euro über die entsprechende Webseite der Initiative erworben werden. Wenn das Schild fotografiert wird, kann das Bild mit Standort und Statement über ein Formular an Paten der Nacht geschickt werden und dann wird alles veröffentlicht.
Wie die Initiative „22 Uhr Licht aus“ verfolgt auch diese Idee den Ansatz, die zu belohnen, die sich einsetzen und gegen Lichtverschmutzung vorgehen.
Schlüsselwörter: Freiwilligkeit und Aufklärung
„Gesetze zur Lichtverschmutzung nutzen gar nichts, wenn die Menschen nicht wissen, warum sie etwas plötzlich tun oder nicht mehr tun sollen, und damit wird es auch nicht ausreichend beherzigt und beachtet.“
Daher ist laut Herrn Philipp die Grundaufgabe im Kampf gegen die Lichtverschmutzung, zu informieren, aufzuklären und zu sensibilisieren, bevor man im Anschluss proaktiv Schritte einleitet.
„Mit der Lichtverschmutzung haben wir ein großes Umweltproblem. Gleichzeitig aber auch ein sehr leicht zu lösendes. Ein Drittel von allem abgestrahlten Außenlicht wird verschwendet. Wenn wir allein diesen Teil irgendwie schaffen zu eliminieren, haben wir einen riesigen Gewinn für die Umwelt erlangt, ohne auf etwas verzichten zu müssen oder Komforteinbußen dadurch zu haben. Dafür gewinnt aber in hohem Maße die Natur durch enorme Einsparung von Energie und CO₂, eine drastische Reduzierung des Insektensterbens und beispielsweise erholsamen Schlaf, auch für uns Menschen. Mehr Sterne würden wir auch wieder sehen. Wir Menschen können das Außenlicht aus unserem Schlafzimmer mit Rollo oder Vorhang aussperren. Alle Tiere da draußen können das nicht.“
Probleme und Herausforderungen
Generell besteht weiterhin viel Aufklärungsbedarf in der Gesellschaft, wenn es um die Nutzung von nächtlichem Kunstlicht geht. Das kostet sehr viel Zeit und Geduld. Zudem müssen die bestehenden Projekte und Infomaterialien laufend überprüft und verbessert werden. Auch das kostet viel Zeit und somit natürlich auch Geld.
„Ich habe das alles bis vor einem Jahr aus meiner privaten Tasche finanziert, sowohl mit Zeit als auch mit Geld. Das Ganze ist aber mittlerweile so arbeits- und kostenintensiv, dass es mir langsam auf die Füße fällt.“
Für die Zukunft wünscht sich die Organisation rund um Manuel Philipp mehr Unterstützung. Sowohl auf finanzieller Ebene, in Form von Spenden, als auch auf ehrenamtlicher Basis.